Hannoversche Allgemeine Zeitung 3.3.2014
„Wie du mir" - ein Stück im Theater in der List
VON KARL-LUDWIG BAADER
Der Titel des Stückes nährt falsche Erwartungen: „Wie du mir" - da ahnt man nichts Gutes, erwartet Bühnenfiguren, die Rachegedanken hegen, Ränkespiele in der Familienhölle. Tatsächlich geht es hier um Vergeltung - im positiven Sinn. Es geht um Loyalitäten, um moralische Pflichten und deren Folgen. Der Arzt Karl-Heinz Biegler, der auch Regie führte, hat nach einer Idee von Willi Schlüter ein Zweipersonenstück geschrieben, das im hannoverschen Theater in der List Premiere hatte.
Der Vater (Willi Schlüter) der gerade 18 Jahre alt gewordenen Britta (Marie-Madeleine Krause) wird durch einen Unfall zum Pflegefall. Für die Tochter stellt sich jetzt die Frage: Soll sie die Pflege übernehmen und auf die Erfüllung eigener Träume verzichten? Sie ist ihrem Vater dankbar, der sie allein großgezogen hat, seit sich die Mutter davonmachte. Aber nun ist der Vater hilflos, er muss gewindelt werden, der ehemalige Journalist und Übersetzer leidet unter massiven Wortfindungsproblemen. Ist sie der Verantwortung gewachsen? Sie ist sich bewusst, dass sie sich eine schwere Last aufbürdet, und doch unterschätzt sie, wie viel Ekel sie überwinden, wie viel Verzicht sie leisten muss.
Das einfach gebaute Stück ist eher Studie denn Drama. Es schildert eine ganz normale (Pflege-)Situation, zeigt alltägliche Verrichtungen und die mühevollen und zuweilen komischen Versuche des Vaters, sich die Sprache zurückzuerobern. Die Figuren habe nichts Zwielichtiges, aber auch nichts Doppelbödiges. Diese Britta ist zwischen Pflicht und Neigung hin- und hergerissen. Krause präsentiert sie - von Zornesausbrüchen aus Überforderung bis zum Jungmädchengeschnatter über Partys und Jungs - mit großer Natürlichkeit. Schlüter markiert den Vater mit knappen Gesten und unterstreicht so das Bemühen um eine stille, ernsthafte Auseinandersetzung mit dem heiklen Thema.
So gelingen anrührende Momente ohne Melodramatik. Mit dieser bedächtigen Inszenierung setzt das Theater mutig auf Intensität und Genauigkeit statt auf Spektakel.
Theater in der List, Spichemstraße 13. Weitere Vorstellungen am 8.,19.,21. und 22. März. Karten: (0511)89711946.