Von Christian Seibt

 

Es geht um Entmietung, Lebensrückblicke und Verwurzelung: „Madeleine will nicht“ von Hans Zimmer hat im Theater in der List Premiere gefeiert.

 

Gutes Theater um ein heikles Thema, es geht um Entmietung, den Verlust von Heimat: „Ich flüchte nicht! Ich bleibe!“, das sagt Madeleine (Sibylle Brunner) bestimmt. Doch ihr Gesichtsausdruck ist einfach nur traurig.

Denn die Achtzigjährige, ein ehemaliger Theaterstar, lebt als einzig verbliebene Mieterin allein auf der Sanierungsbaustelle eines Altbau-Miethauses. Sie harrt aus zwischen rundherum aufgehängten Plastikplanen, Umzugskartons, Ohrensessel, Stehlampe und ihrem mit Plastikfolie abgedeckten Flügel.

Eine andere Wohnung kann sie sich kaum leisten, zudem ist ihre Bleibe seit Jahrzehnten ihr Zuhause. Da taucht plötzlich der geheimnisvolle Lorenz Lazarus (Willi Schlüter) auf: ein alter Herr im weißen Anzug, mit schulterlangen glatten Haaren und Trolley, der sie bald um Obdach bittet.

Kammerspiel für zwei Personen.

„Madeleine will nicht“ heißt das Zwei-Personen-Kammerspiel, die Tragikomödie von Hans Zimmer, in der es um Entmietung, Wohn-Heimat, Ver- und Entwurzelung, aber auch um gelebtes Leben, Lebensrückblicke und um den eigenen Tod geht

Gebannt verfolgen die Zuschauer in der ausverkauften Premiere im Theater in der List das siebzigminütige, pausenlose Stück, das Kay Szacknys (selbst ein hervorragender Schauspieler, der oft auf Hannovers Bühnen steht) sensibel inszeniert hat. Es ist eine Freude, das toll eingespielte Schauspieler-Duo Brunner-Schlüter wieder auf der Bühne zu erleben. Geballte Theatererfahrung. Beiden gelingt es, das Publikum zu fesseln, zu berühren und zum Lachen und Schmunzeln zu bringen. Mit feinem, wohldosiertem Mimik-Spiel, mit dynamischen Dialogen, wobei der Herr Lazarus der ruhige Gegenpol zur temperamentvollen Madeleine ist.

Anteil nehmen am Schicksal

„Hauen Sie ab!“, keift sie ihn an. Und doch verwickelt er sie immer wieder in ein Gespräch. Und so erzählen sie sich gegenseitig aus ihrem Leben und schräge Geschichten dazu („Lottogewinner-Schicksale“...). Immer wieder unterbrochen durch Presslufthammer-Baulärm (aus dem Off). Er erzählt von sich als gescheiterter Selbstmörder, sieht sich als obdachloser „Versager auf hohem Niveau“, der sich zeitweise in verlassene Wohnungen einnistet (sein „Sharing“-Modell). Sie erzählt von ihren Lebenspartnern (Ronnie, Eddie) und erinnert sich an ihre Erfolgszeiten als Theaterstar. 

Mit beiden Protagonisten kann man sehr gut mitgehen, und Anteil nehmen an ihrem Schicksal, an den Veränderungen, denen sie sich stellen müssen. Am Ende fünf Minuten kräftiger Applaus mit Jubel. 

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